„Kleine Nester“
Es ist ein Abenteuer, mit dem Zeichnen zu beginnen und erst mit dem Aufsetzen des Pinsels oder des Stiftes gerade dem in diesem Moment inne liegenden Impuls oder Gedanken nachzugehen. Vieles gerät schon nach dem ersten Strich aus der Bahn. Die Größe des Formates spielt dabei keine große Rolle.

Das kleine Format aber lockt eine eigentümliche Energie aus mir heraus: Berechnungen, Überwindungen und physische Kraft, die das große Blatt einfordert, sind hier nicht notwendig. So scheint es mir, als werfe ich beim Zeichnen Ballast ab. Es wird von Blatt zu Blatt leichter.
Dieser so entstandene Auftrieb schenkt Großzügigkeit und zeigt sich manchmal in einer rätselhaft aufscheinenden „Monumentalität“.
Gerade das ist schwer, in großen Zeichnungen herzustellen, weil diese meiner Ansicht nach dazu neigen können, zu „zerfallen“. Die bekritzelten und bemalten Papierbögen jedoch, die ich meist aus meinem Abfallkorb für verworfene Zeichnungen fische, können plötzlich wieder sehr zutraulich und anregend werden, wenn ich sie nach meiner Angelei mit einer Schere in kleine Stückchen zerschneide oder sie einfach kurzerhand zerreiße. Die darauf haftenden Spuren misslungener Arbeit erfahren auf diese Weise eine wohltuende Wiedergeburt und werden so wieder zu einer Herausforderung. Aber: Diese frischen kleinen Biester verzeihen im Gegensatz zu den größeren Kollegen keine Fehler.
Sie wollen geküsst werden- aber nicht halbherzig. So können sie sich manchmal in „handliche Riesen“ verwandeln – oder sie bleiben eben ein armseliges Stückchen bekleckertes Papier.