FATUM  Serie von 36 Pinselzeichnungen, 2018, Öltusche/Eitempera auf Papier, je 2 auf einem gefalteten Bogen, 32 x 46,6 cm
Die Mappe erschien zur Ausstellung Heike Pillemann „Zeitverstecke“ in der Galerie 13, Fritz Dettenhofer in Freising. 2018
 

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Der Billigbuchladen in der Sendlinger Straße bietet seine preiswertesten Exemplare gleich neben dem Gehsteig an, und so erstand ich Gustav Schwabs „Sagen des Klassischen Altertums“, von einfallslosen Buchdeckeln umfasst, für nicht mal zehn Euro. Schon früh hatten mich diese Geschichten aus der griechischen Antike mit ihren schillernden, abenteuerlichen, handlungsreichen, furcht- und freuderregenden Szenerien tiefer beeindruckt als die angsteinflößenden deutschen Märchen, die einspurig und unnachgiebig wie ein Zollstock das sogenannte Gute vom Bösen zu trennen trachten.
Die etwas gezierte, doch einfühlsam, sehr präzise und knapp beschreibende Sprache fächelte beim Lesen mehr und mehr Bilder und Gestalten meiner Vorstellung zu, sodass der Impuls zum Zeichnen schnell einsetzte. Die Aktualität der Texte, die sofort aufscheinenden Bezüge zum Heute, die feinst ineinander gewobenen Ranken von Vorsehung, Lauf und Wendung, Tragödie, Katastrophe und Schicksal, von Aufstieg und Fall empfand ich als so einleuchtend wie richtig.

Ich sah die Gefahr, dass ich mit diesem Urstoff aus der Wiege unserer abendländischen Kultur meinen Kahn sofort überlasten könnte. Doch vermittelte der Blick durch das Schlüsselloch der Sätze gleichzeitig etwas Aufreizendes und Einladendes. Unter dem Eindruck der Schwab’schen Erzählungen beschloss ich, ebenfalls ein Buch zu machen, ein gezeichnetes allerdings, mit einer freien Abfolge von farbigen Pinselzeichnungen, je zwei nebeneinandergestellt. Um sie wie die zwei Seiten eines Buchblatts erscheinen zu lassen, faltete ich die Bögen in der Mitte, zeichnete darauf, wie man fortlaufend Seite um Seite in ein Heft schreibt. Das wolkig, meist trocken aufgesetzte Rot bereitete den Grundstock für das aufdämmernde Bild. Der dicke Pinsel und das harte Schwarz zwangen zur Vereinfachung und verhinderten gnadenlos das Abweichen in die Illustration, die ich keinesfalls beabsichtigte.

Es entstanden insgesamt achtzehn Blätter. Durch eine Zusammenfassung der Bögen in einem gebundenen Buch wären die beiden nebeneinander gestellten Bilder nicht mehr gleichzeitig und in der von mir gewollten paarweisen Zuordnung zu sehen gewesen, sondern jeweils mit einem des vorherigen und dem des nachfolgenden Doppelblattes zusammengekommen. Das hätte zwar meiner Neigung und Lust an unvorhergesehenen Zusammenstellungen entsprochen. Doch wäre eine einmal festgelegte Abfolge unabänderlich festgezurrt gewesen, was wiederum auch nicht in meiner Absicht lag. Anton Schmid, mein scharfsinniger und behutsam meine Arbeit begleitender Freund, hielt mich glücklicherweise davon ab. So entstand die Idee, die Blätter in der vorliegenden Form und Anordnung zu veröffentlichen.

Was ist es für ein schweres Los, ein Held zu sein!
Übertragen gesehen, sind wir doch stets auf Irrfahrt im täglichen Leben,
werden zermalmt, verschlungen und wieder ausgespuckt,
den homerischen Figuren durchaus ähnlich.
Für alle Nichtlateiner wie ich selbst,
der das Wort von Freunden zugetragen wurde:
Fatum bedeutet Los, Schicksal, Götterspruch.

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